Will man das Oeuvre von Joseph Enseling zusammenfassend charakterisieren, so fällt als Besonderheit auf, dass seine Kunst vorwiegend Auftragskunst blieb. Er schuf – gegen den Strom der Zeit – nicht unverbindlich für den Kunstmarkt, sondern gezielt und für ein größeres Ganzes.
Das Schwergewicht seiner Arbeit lag auf dem Gebiet der Bauplastik und des Denkmals in seiner zeitgemäß abgewandelten Variante: dem Kriegerdenkmal. Vor allem bei der Bauplastik kam die lokale Komponente seines Wirkens voll zum Zuge. Auftraggeber waren die großen Industriebetriebe an Rhein und Ruhr, die ihre Bauten mit interpretierenden und legitimierenden Sinnbildern auszustatten wünschten
Dass die Auftraggeber immer wieder Enseling mit dieser Aufgabe betrauten, lag sicher in der Individualität seines Schaffens, in seiner Herkunft und seiner Auffassung von bildender Kunst begründet. Er war bereit, sich in den Dienst der Sache zu stellen; mittelalterliche Bauhüttengesinnung scheint wieder lebendig zu werden.
Seine Werke teilen sich schlicht und unmittelbar mit. Sie meiden hohles Pathos, Redseligkeiten und Manierismen. Sie meiden zugleich jegliche formalen Experimente, agieren nicht, sondern reagieren auf die allgemeine Stilentwicklung der Zeit. Die Welt der Arbeit, die im Medium menschlicher Gestalten anschaulich wird, kommt mit Ernst zur Sprache, nicht ohne Stolz auf das Erreichte, wie dies die Auftraggeber sicher dargestellt wissen wollten, stets aber auch mit dem Wissen um die Grenzen menschlichen Tuns. Das wache Gefühl für Gefährdungen, für die Möglichkeit des Scheiterns machen offen für Bindungen an Transzendenz. So sind die Gestalten Enselings nicht nur Körper, die stehen, schreiten, kauern, liegen, also Akte in Bronze oder Stein, wie sie in dieser Zeit zu Hunderten entstanden, sondern durch ihr Tun oder die Attribute ihres Tuns zu Urbildern tätigen Lebens gesteigert, die – dank einer immanenten Religiosität – zugleich im direktesten Sinne des Wortes beseelt werden.
(Quelle: Joseph Enseling 1886-1957 Skulpturen, aus dem Artikel "Der Bildhauer Joseph Enseling" von Peter Bloch)